Rheinsberger Tagebuch (8)

8. August 2017

Ich habe es doch gewusst, da nimmt man sich einmal frei, löst sich ein einziges Mal nur von seinem Schreibtisch, von seinem Bürosessel, in welchen man vorher quasi ununterbrochen hinein gepupst, Quatsch, Zeile für Zeile seines Jahrtausendwerkes ersonnen und anschließend mit der Feder in Stein gemei.., oder so ähnlich und schon passiert es. Ich bin querschnittsgelähmt. Also, fast. Ein einziges Mal nur gab ich dem Verlangen nach, Freizeit haben zu wollen, bin hinaus, an die frische Luft und habe mir dort ein Fahrrad ausgeliehen. Ich! Ein Fahrrad! Ich wollte von Rheinsberg nach Menz radeln, durch den Wald, hin zu Jan Koch, dem bekannten Liedermacher, der in Menz gemeinsam mit seiner Frau ein französisches Cafe betreibt. Ja, ihr ahnt sicher, das konnte nicht gut gehen. Ging es auch nicht. Wie Täve Schur wollte ich aus dem Sattel steigen, auf eine Anhöhe klettern, reckte mich und streckte mich und grrrick, dies ist genau jenes Wort, welches passt, sprang da irgend etwas aus seiner dafür vorgesehenen Verankerung, irgend etwas riss oder verrenkte sich oder ein Nerv verrutschte und glitt zwischen zwei Wirbel, weiß der Fuchs, auf jeden Fall kann ich seitdem höchstens noch auf Knien rutschen und auch das nur mit höllischen Schmerzen. Bandscheibenvorfall oder Hexenschuss nennen es verharmlosend die Altvorderen. Ich würde es als Körperapokalypse bezeichnen. Wenn ihr mal in der Nähe seid, die Schreie die ihr hört, das bin ich, der Stadtschreiber von Rheinsberg und diese Schreie, sie sollten euch stets daran erinnern, die Pflicht niemals zu vernachlässigen, den süßen Freuden der Freizeit zu widerstehen, Prioritäten zu setzen. Oder aber ihr sagt euch, ach was, besucht Jan Koch und seine Frau und verbringt einen schönen Nachmittag dort. Das Bier ist erschwinglich und der Kuchen schmeckt. Bric a Brac heißt es und hat sogar eine Adresse im Netz: www.cafe-bric-a-brac.de. Macht, was ihr wollt. Ohne mich könnt ihr ’s schaffen.

Tipp für heute: Schlemmen, so lange noch was da ist.

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7 Kommentare zu “Rheinsberger Tagebuch (8)”

  1. 01

    Allerbeste Genesungswünsche! Meine Güte, gibt es überhaupt Ärzte in Rheinsberg? Fliegt der ADAC da hin? Gibt es Pflegedienste? Kommen Sie zurecht?

    Joan Pieere am 13. August 2017 um 15:39
  2. 02

    Vorsicht mit den Fuchs, da streunen da einige rum. Aber nicht Rum. Und mit die Waschbären. Wildschweine muss man auch ertragen, sind aber köstlich.

    ehna oder n anderer am 15. August 2017 um 23:52
  3. 03

    @ Joan Pieere: Ich komme zurecht. Mir werden Weintrauben gereicht und einen Arzt gibt es hier auch. Er heißt Olaf und hat Bachblütenpflücken studiert.

    Ahne am 16. August 2017 um 11:28
  4. 04

    @ ehna oder n anderer: Ja. Tiere gibt es hier. Vor allem Mücken und Obstfliegen, die schmecken aber gar nicht nach Obst, obwohl sie so heißen.

    Ahne am 16. August 2017 um 11:30
  5. 05

    Herr Ahne, Olaf ist nicht vielleicht ein Florist? Sowas wie Blume 2000 in Berlin?

    Joan Pieere am 16. August 2017 um 17:17
  6. 06

    kann bestätigen, Herr Ahne fleißig geradelt. Nur in den Roofensee hatta sich nich jetraut.
    schön datte inna jejend bist.

    der eene von da am 24. August 2017 um 08:42
  7. 07

    Oppick mir wo ma in den Roofensee jetraut hab. Es gibt Zeugen!

    Ahne am 24. August 2017 um 10:57

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