Drei Farben Sommer-Bashing

19. Juni 2018

Ich freue mich ja immer wenn Deutschland verliert, dafür gibt es keinen guten Grund, das ist bei mir einfach ein Bauchgefühl, so wie es bei anderen wahrscheinlich ein Gefühl ist für Deutschland zu sein, was sie nicht erklären können und deshalb sind sie noch lange nicht nationalistisch oder so. Könnte ich jetzt eigentlich froh sein, nach der Auftaktniederlage gegen Mexiko. Mich nervt allerdings das totale Bashing, was derzeit in der Öffentlichkeit betrieben wird. Plötzlich sind die ganzen Spieler nur noch gierige lahme Säcke, die nichts können und vollkommen überschätzt werden. Von wem, frage ich mich. Seid nicht eigentlich ihr die ganzen Idioten, die so eine Weltmeisterschaft aufblast zu einer nationalen Schicksalsschlacht? Was für Fans seid ihr eigentlich, wenn ihr nach einer knappen Niederlage, ich habe das Spiel gesehen und es war zumindest in der zweiten Halbzeit durchaus glücklich, dass Mexiko das 1:0 halten konnte,wenn ihr da euer Team in Grund und Boden verdammt. Und wie mit Gündogan und Özil umgegangen wird, ja, es war bescheuert mit dem türkischen Präsidenten zu posieren, aber nicht weil er türkischer Präsident ist, sondern weil er eine nationalistische, religiös-faschistoide Politik präferiert, Journalisten und Bürgerrechtler einsperrt und seine Macht versucht diktatorisch auszubauen, aber dieses Treffen kann man unabhängig vom Fußball kritisieren. Dass die beiden so dermaßen heftig angegangen werden, hat, meiner Meinung nach, eher damit zu tun, dass sie Türken sind (Deutsche sind sie übrigens auch). So, gestern im Fernsehen gesehen, ein „Fußballfan“ auf Usedom: „Ich freue mich, wenn Deutschland verliert, weil ich gegen Özil und Gündogan bin.“ Solch eine Meinung ist nationalistisch. Vielleicht werde ich ja am Sonnabend zum ersten Mal für Deutschland sein, in einem Özil-Trikot? Ach, wenn das mal so ginge, mit den Gefühlen.

Tipp für heute: Schach spielen.

Allgemein | Kommentare

16 Kommentare zu “Drei Farben Sommer-Bashing”

  1. 01

    Ahne, wann spielen wir mal Schach? Übe schon mal.

    https://lichess.org/

    Andreas am 20. Juni 2018 um 18:22
  2. 02

    Ick rochier schon imma, in Schlaf.

    Ahne am 20. Juni 2018 um 21:31
  3. 03

    Mein lieber Ahne, du findest es also „bescheuert mit dem türkischen Präsidenten zu posieren, aber nicht weil er türkischer Präsident ist, sondern weil er eine nationalistische, religiös-faschistoide Politik präferiert, Journalisten und Bürgerrechtler einsperrt und seine Macht versucht diktatorisch auszubauen“, nur wenn andere das kritisieren, dann deswegen, weil Gündogan und Özil Türken seien. Interessante These, auch weil die beiden Deutsche sind (sonst könnten sie gar nicht in der Nationalmannschaft spielen), und das sogar ausschließlich. Im Gegensatz beispielsweise zu Deniz Yücel, der hat die doppelte Staatsbürgerschaft und könnte „seinem Präsidenten“ eine Widmung schreiben, wenn er wollte. Interessant in diesem Zusammenhang, dass jemand, der sich freut, wenn Deutschland verliert, weil er etwas gegen zwei Deutsche im Trikot der Nationalmannschaft hat, nationalistisch sei. Ist er da nicht eher anti-national? Zum Schluss noch was zum Özil-Trikot, dass du dir heute „vielleicht“ überstreifen wirst. Mein Tip: Nimm nicht aus Versehen das mit der Widmung.

    TaxiBerlin am 23. Juni 2018 um 08:31
  4. 04

    Na ja, sagen wir, ich habe mich nicht korrekt informiert. Bin davon ausgegangen, Özil und Gündogan hätten beide die doppelte Staatsbürgerschaft. Diese hat aber lediglich Gündogan. Und klar, kann man Nationalist sein, wenn man gegen zwei Deutsche ist, die im Trikot der deutschen Nationalmannschaft spielen. Es gibt doch weiterhin viele Menschen, die diese Blutsthese vertreten, wonach ein Türke eben türkisches Blut habe und niemals Deutscher werden könne, selbst wenn er hier geboren sei. Es gibt auch Nationalisten, die die deutsche Fahne ablehnen und gar den ganzen jetzigen Staat.

    Ahne am 23. Juni 2018 um 08:50
  5. 05

    Ach, und das Trikot mit der Widmung kann ich nicht aus Versehen nehmen, da ich es nicht besitze. Keine Ahnung, wer das jetzt hat. Dabei fällt mir auf, ich besitze auch kein anderes Özil-Trikot, Mist!

    Ahne am 23. Juni 2018 um 08:54
  6. 06

    Ob Gündogan die doppelte Staatsbürgerschaft hat, ist nicht mal gewiss, aber das nur nebenbei. Klar, es gibt die, die die Blutsthese vertreten. (Lange ging auch unser Staatsangehörigkeitsgesetz davon aus. Es wurde erst in den Neunzigern geändert.) Aber alle, die (wie ich denke zu Recht) Özil und Gündogan dafür kritisieren, dass sie sich für Erdogan-Wahlwerbung haben missbrauchen lassen, in die „Blut und Boden“ Ecke zu drängen, ist etwas zu einfach. (Beiden hatten ja auch die Möglichkeit, das Treffen mit Erdogan abzusagen.) Es bleibt die berechtigte Frage, ob die beiden weiterhin in der Nationalmannschaft spielen sollten.
    Was das Trikot angeht, so müsstest du dir das von Gündogan besorgen, denn nur der hat seins mit einer Widmung „Mit großem Respekt für meinen Präsidenten“ versehen.

    TaxiBerlin am 23. Juni 2018 um 10:48
  7. 07

    Dafür kritisiere ich sie ja ebenfalls, also für die Wahlwerbung. Und klar haben sie damit offenbart, dass sie politisch zumindest unbedarft wenn nicht gar schlimmer eingestellt sind. Nur weiß ich eben über die politische Einstellung der anderen Fußballspieler auch nichts und will es ehrlich gesagt auch nicht wissen. Diese politische Einstellung der beiden (oder Ahnungslosigkeit?) kann man auch kritisieren, ich befürchte nur, dass den meisten der Pfeifer deren Einstellung scheißegal ist, sie nur die Türken nicht dabei haben wollen und nun einen guten Grund haben um offensiv zu werden.

    Ahne am 23. Juni 2018 um 12:19
  8. 08

    Warum die Leute genau pfeifen, wissen wir nicht. Dazu müsste man sie fragen, was weder du noch ich getan haben. Ich finde solche Urteile aus der Ferne immer problematisch. Man dreht sich da gerne im Kreis, haut dabei schon mal Ursache und Wirkung durcheinander und neigt zu einseitigen Einschätzungen. Wir haben festgestellt, dass Özil und Gündogan Deutsche sind, sonst würden sie nicht für die Nationalmannschaft spielen können. Bei dem Treffen mit Erdogan, mal abgesehen davon, dass es eine Dummheit war (gar nicht mal eine politische, sondern eine des gesunden Menschenverstandes), agieren beide aber, als wären sie Türken. Ich denke, das regt die meisten Menschen zu Recht auf, und dass es von vielen so hingestellt wird, als wäre es das normalste von der Welt. Das ist es aber nicht, und das spüren die Menschen. Jetzt die Leute dafür zu verurteilen, dass sie das richtige Gefühl haben, ist wie über das Kind lachen, welches wahrheitsgemäß feststellt, dass der Kaiser keine Kleider trägt.

    TaxiBerlin am 23. Juni 2018 um 12:47
  9. 09

    Na ja, vielleicht haben wir unterschiedliche Gefühle der Wahrnehmung. Ich denke, es gibt viele, die so wie ich oder du, die Wahlwerbung für Erdogan kritisieren, dafür aber nicht die beiden Menschen die ganze Zeit über auspfeifen würden. Aber klar, da hast du recht, ich habe nicht die Leute gefragt, weshalb sie pfeifen, habe nur so einige Menschen gehört und Kommentare gelesen, die auf eindeutigen Hass gegenüber Menschen anderer Herkunftsgeschichte schließen ließen. Vielleicht aber auch Zufall?

    Ahne am 23. Juni 2018 um 23:38
  10. 10

    Mit Sicherheit sind da auch Leute dabei, die aus den von dir genannten Gründen pfeifen. Aber Hass gibt es nicht nur auf der einen Seite. Leute der anderen Seite skandieren beispielsweise, dass ganz Berlin eine bestimmte Partei hassen würde. (Das steckt das Wort Hass sogar direkt drin.)
    Mir ist noch eine Sache eingefallen, und damit möchte ich an dieser Stelle das Thema bewenden lassen. (Wir können uns gerne darüber austauschen, wenn wir uns mal wieder sehen. Danke übrigens für die Grüße, Oz hat sie ausgerichtet.) Einerseits bist du dir relativ sicher, dass die beiden wegen ihrer Herkunft ausgepfiffen werden, obwohl auch du die Leute nicht gefragt hast. Andererseits interessiert dich aber nicht wirklich, warum Özil und Gündogan sich mit Erdogan getroffen haben, was für eine Motivation dahinter steckt. Das passt meiner Meinung nach nicht zusammen. Es passt deswegen nicht zusammen, weil es eine Chronologie der Ereignisse gibt, also Ursache und Wirkung. Hätten die beiden sich nicht mit „ihrem“ Präsidenten ablichten lassen, dann hätte sich doch überhaupt keiner für sie interessiert. Kein Treffen – keine Pfiffe.

    TaxiBerlin am 24. Juni 2018 um 07:23
  11. 11

    Mich interessiert schon, warum sich die beiden mit Erdogan getroffen haben. Das interessiert mich rein menschlich, nicht weil sie Fußballspieler sind. Und wenn du meinst, für die beiden hätte sich niemand interessiert, wenn sie sich nicht mit Erdogan getroffen hätten, dann gehörst du zu den Glücklichen, der keinen Kontakt zu Menschen haben, die zum Beispiel jene Partei präferieren, welche, nach Ansicht einiger Demonstranten, „ganz Berlin“ hasst. Es gibt eben doch nicht gerade wenige, die wünschen sich wieder eine „richtige deutsche Nationalmannschaft“, ohne Leute wie Gündogan und Özil, aber auch ohne Can, Boateng oder Rüdiger.

    Ahne am 24. Juni 2018 um 09:19
  12. 12

    Jetzt doch noch so viel. Es stimmt, ich habe im Prinzip keinen Kontakt zu diesem Personenkreis. Da mir auch im Taxi, wo sonst ein repräsentativer Querschnitt unserer Gesellschaft Platz nimmt, eigentlich nie Leute sitzen, die sich eine „richtige deutsche Nationalmannschaft“ wünschen, gehe ich davon aus, dass es sich um eine Minderheit handelt. Mich persönlich beunruhigt auch ehrlich gesagt mehr, dass Menschen wie Seyran Ates und Hamed Abdel-Samad, um nur zwei Namen zu nennen, unter permanentem Polizeischutz leben müssen und das schon seit Jahren, weil man ihnen nach dem Leben trachtet. Das passiert nicht irgendwo am anderen Ende der Welt. Nein, das passiert jetzt gerade, hier in unserer Stadt.

    TaxiBerlin am 24. Juni 2018 um 11:23
  13. 13

    Ja, das ist furchtbar! Nur, weil du das ja in Zusammenhang mit den verbalen Attacken gegen Gündogan und Özil bringst, saßen etwa in deinem Taxi schon Leute, die angaben Seyran Ates und Hamed Abdel-Samad nach dem Leben zu trachten?

    Ahne am 25. Juni 2018 um 14:38
  14. 14

    Nein, auch solche Menschen saßen mir bisher nicht im Taxi. Was ich weiß, ist, dass türkische Mitbürger bzw. Deutsche mit türkischen Wurzeln, die sich kritisch über Erdogan und seine Politik äußern, hier in Berlin auch schon mal im Taxi von Taxifahrern deswegen angepflaumpt oder sogar bedroht wurden, beispielsweise Cem Özdemir, weswegen sie jetzt kein Taxi mehr fahren. Ich gehe davon aus, dass weder Seran Ates, noch Hamed Abdel-Samad in Berlin ein Taxi rufen würden, selbst wenn sie mit ihren Personenschützern dort reinpassen würden.

    TaxiBerlin am 25. Juni 2018 um 20:03
  15. TaxiBerlin am 25. Juni 2018 um 20:19
  16. 16

    Schauerlich, ja.

    Ahne am 26. Juni 2018 um 08:31

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