Corona-Tagebuch 435

12. September 2021

Denkwürdiger Auftritt in Magdeburg. Etwa 30 waren es, die meinen Texten und Liedern lauschten, mehr als befürchtet. So weit, so normal. Im Anschluss aber, nach der Zugabe, wollten sie einfach nicht gehen, blieben sitzen. Ich kauerte mich auf den Bühnenrand, sagte: „Es ist jetzt wirklich Schluss, oder wollt ihr noch Fragen stellen?“ Wollten sie. Wie lange ich ein Frühstücksei koche, zum Beispiel, oder was ich in meiner Jugend für Hobbys hatte. Wir plauderten ein Weilchen, wunderbar. Nächster Versuch: „So, und jetzt wünsche ich euch einen schönen Heimweg.“ Keine Reaktion. Dachte bereits, es wäre hier so was wie ‚Verstehen Sie Spaß‘, dazu jedoch bin ich nicht prominent genug. Erst nach Fingerzeig Richtung Ausgang und dem Deutlichen: „Raus jetzt!“, erhoben sich die Ersten. Gerade noch rechtzeitig, um den letzten Zug nach Stendal zu erwischen. Hatte mich nämlich für die Risikovariante entschieden, 23:13 Uhr fuhr die letzte Bimmelbahn von Magdeburg-Neustadt nach Stendal. Dort hatte ich 5 Minuten Umsteigezeit, um den letzten ICE nach Berlin zu kriegen. Von Neustadt fuhr die Bimmelbahn auch pünktlich los, doch 3 Stationen vor Stendal hielt sie plötzlich auf freier Strecke, eine Minute, zwei Minuten, fünf Minuten, ich kochte innerlich. Wenn ich den ICE verpasste, müsste ich die Nacht durch Stendal laufen, keine wirklich verlockende Aussicht. Mit 11 Minuten Verspätung setzte sich der Zug schließlich in Bewegung. Die Schaffnerin erklärte mir mit trauriger Miene, der Anschlusszug nach Berlin wäre leider pünktlich gefahren. „Scheiße!“, entfuhr es mir. Dann jedoch hellte sich ihr Gesicht auf: „Die beiden ICE’s zuvor hätten allerdings mehr als eine Stunde Verspätung, weshalb ich einen von ihnen noch erwische. Hurtig zur gegenüberliegenden Bahnsteigseite und einsteigen.“ Ich hätte sie knutschen können, darf man ja aber nicht, Infektionsgefahr. Das 9. Wochenende infolge demonstrierten Gegner der Corona-Maßnahmen in Frankreich, rund 121.000 gingen diesmal noch auf die Straße. Gegen türkische Corona-Auflagen demonstrierten in Istanbul 2.000. In den Niederlanden haben Zehntausende gemeinsam mit DJ’s und Musikern die Aufhebung der Corona-Beschränkungen für die Veranstaltungsbranche gefordert. Das erste europäische Stadionkonzert mit voller Auslastung seit Pandemiebeginn fand gestern in Kopenhagen statt. 50.000 Menschen erlebten dicht an dicht die Rockband ‚The Minds of 99‘. Muss gestehen, die kenne ich gar nicht. Tausende Beschäftigte des polnischen Gesundheitswesens sind in Warschau für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen auf die Straße gegangen. Unter anderem zu lesen auf Transparenten: „Wir leben nicht lange, denn wir arbeiten hart“. Vor dem Präsidentenpalast gedachte die Menge mit einer Schweigeminute ihrer circa 500 Kollegen, die im Zusammenhang mit der Pandemie gestorben sind. Hunderte griechische Impfgegner, darunter religiöse Eiferer und Nationalisten, lieferten sich in Saloniki gestern Auseinandersetzungen mit der Polizei. Über 500 Covid-19-Tote meldet die Elfenbeinküste, über 1.000 die Mongolei, über 3.000 El Salvador, über 6.000 Aserbaidschan, über 15.000 Vietnam, über 20.000 Malaysia, über 655.000 die USA. Bisher 11 Flachlandgorillas haben sich im Zoo von Atlanta mit dem Virus infiziert. Sie husten, schniefen und essen nur noch wenig. Infiziert wurden sie vermutlich von einer später positiv getesteten Pflegekraft, die symptomlos weiter zur Arbeit gekommen ist.

Heute: Berlin, FIT-Tankstelle, 19 Uhr: Reformbühne Heim & Welt mit Susanne Riedel, Heiko Werning, Frank Sorge, Spider, Falko Hennig, Gott und mich, sowie dem betörend guten Superstargast Danny Dziuk (Gesang mit Hut!)

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