Corona-Tagebuch 557

30. Januar 2022

Sturmtief ‚Nadia‘ fegt über Berlin. Keine Ahnung, ob benannt nach jener Nadja, schreibt sich allerdings mit j, bei der ich heute zum Geburtstag eingeladen bin. Falls, wäre es ziemlich gemein, denn ‚Nadia‘ brachte Verwüstung und Tod. In Beelitz wurde ein Mann von einer Plakatwand erschlagen. Die Werbung. Mal wieder. Weiß nicht, ob es überhaupt gestattet ist, dass ich zum Geburtstag gehe. Bin zwar nicht krank geschrieben und Symptome verspüre ich auch keine mehr, schwänze ja aber die Reformbühne. Erneut! Sieht das jemand oder liest es und sagt dann bei der Reformbühne Bescheid, flöge ich bestimmt raus und ohne das viele Geld, was ich da verdiene, sähe es düster aus. Ich könnte statt Knäckebrot nur noch Filinchen essen. Oder umgekehrt. Ist Filinchen eigentlich nach Fil benannt? Oder Fil nach Filinchen? Lustig, dass ich ausgerechnet heute, an einem Sturmtag, sturmfreie Bude hab. Tochter und Ex-Freundin sind nach Thüringen, Ski laufen. Wobei, in einer Bude ist ja kein Sturm. Sollte zumindest kein Sturm sein, falls sie noch Fenster, Tür und ’ne intakte Decke besitzt. Nach einer Umfrage des Vereins ‚Freier Zusammenschluss von Student*innenschaft‘ (ist das nicht, selbst ohne Sternchen falsches Deutsch, müsste das „schaft“ nicht gestrichen oder ein Artikel hinzugefügt werden?), sagen 60% der befragten Studierenden, dass sie das Semester nicht gut absolvieren können. Sie klagen über Niedergeschlagenheit, Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme. Jana Judisch, Sprecherin des Berliner Studierendenwerks: „Die depressiven Stimmungen nehmen massiv zu und das hat auch etwas damit zu tun, dass die Leute isoliert sind.“ Jonas Neubert, Studienberater der Brandenburgischen TU Cottbus-Senftenberg, rät Automatismen zu entwickeln, „nicht gleich morgens sich im Bett Gedanken zu machen. Aufstehen, ins Bad gehen, Zähne putzen, frühstücken.“ Richtig! Ich ergänze mal wie es weitergehen sollte: Zur Arbeit, Mittagspause, arbeiten, zurück nach Hause, zwei Stullen mit Wurst, eine mit Käse, Tagesschau, Krimi, Zähne putzen, ab ins Bett. Dann kriegt man das Leben schon rum. Nach Neil Young kündigte nun auch Joni Mitchell an, ihre Musik von der Streaming-Plattform ‚Spotify‘ zu entfernen, weil dort „unverantwortliche Leute“ in Podcasts Lügen verbreiten, „die Menschen das Leben kosten.“ Es geht um einen Komiker, der gegen Impfungen agitiert. Demonstrationen von Gegnern der Corona-Maßnahmen gab es gestern wieder in Deutschland. Am meisten kamen in Freiburg, 4.500, Ulm und Frankfurt/Main, jeweils 4.000 sowie Osnabrück, 1.150. Hunderte LKW-Fahrer, die aus Protest gegen die Impfpflicht für Grenzübertritte aus den USA, im kanadischen Vancouver einen „Konvoi für die Freiheit“ starteten, sind in der Hauptstadt Ottawa von tausenden, Sprechchöre gegen Premierminister Justin Trudeau rufenden, Menschen empfangen worden. Über 105.000 Covid-19-Tote verzeichnet Polen, über 205.000 Peru. Entertainer Harald Schmidt im ‚Spiegel‘: „Nichts ist langweiliger für mich, als ein Rebell zu sein. Selbstverständlich unterstütze ich alle Maßnahmen, die gefordert werden. Weil wirkliches Chaos nur durch Befolgen von Anordnungen entsteht.“

Tipp für heute: Berlin, Schankwirtschaft Baiz, 19 Uhr: Reformbühne Heim & Welt mit Susanne Riedel, Frank Sorge und Spider sowie den Superstargästen Micha Ebeling (Wortgewalt) und The Wildfires (London/Tennessee)

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