Widersprüche erkennen (1)
9. Februar 2010
In loser Folge möchte ich mich hier mal mit den Widersprüchen in den gesammelten Märchen der Gebrüder Grimm beschäftigen. Heute das Märchen „Aschenputtel“.
Widerspruch 1: Aschenputtels Vater hat seine Tochter ja wohl sehr lieb, tut aber nichts gegen die Diskriminierung durch die Töchter seiner neuen Frau (häufig zu finden in den Grimmschen Märchen, dass der Vater Augen und Ohren verschließt vor den Aktivitäten der immer bösen Stiefmutter).
Widerspruch 2: Die böse Stiefmutter schüttet zweimal Linsen in die Asche, die Aschenputtel auslesen muss (warum eigentlich?), erst dann dürfe sie zu dem Ball. Aschenputtel schafft dies auch mit Hilfe der Turteltäubchen, darf dann aber trotzdem nicht zum Ball, geht aber doch, wird dort aber von ihrer bösen Stiefmutter nicht erkannt, weil diese sie noch beim Linsenlesen wähnt, die sie ja aber schon längst fertiggelesen hat. Na ja.
Widerspruch 3: Als Aschenputtel dem schönen Königssohn am ersten Abend entschwindet flieht sie in ein Taubenhaus. Der sie liebende Vater, auf den der Königssohn wartet (warum?) vermutet kurz es könne eventuell Aschenputtel gewesen sein (warum?) und lässt sich Hacken und Axt bringen um das Taubenhaus damit einzuschlagen (hä?!!).
Widerspruch 4: Den Birnbaum fällt er aus demselben Grund oder was man so Grund nennt.
Widerspruch 5: Die List des Königssohnes ist, er lässt am dritten Abend die Treppe nach draußen mit Pech bestreichen. Aber, muss da niemand Anderes runter bei dem großen Fest? Warum bleibt lediglich ein Schuh haften? Und warum nur fliegt Aschenputtel mit ihrem schönen Kleid nicht hin?
Widerspruch 6: Die beiden bösen Stiefschwestern versuchen in den Schuh zu gelangen aber ihre Füße sind zu groß. Die Eine muss sich dafür die Zehe abschneiden, die Andere die Ferse, als ob das einen Unterschied machen würde und mal davon ganz abgesehen aber, dass man mit frisch geschnittener Ferse, ohne Betäubung eine lockere Reitpartnerin abgeben würde, fällt mir schwer zu glauben.
Widerspruch 7: Der absolute Hammer ist ja aber, dass der schöne Königssohn nach drei durchtanzten Abenden, an denen er vermeintliche Nebenbuhler immer wieder abweist mit den Worten „Das ist meine Tänzerin“, dass er da seine Tänzerin nicht mal annähernd an Gesicht und Statur wiedererkennen kann? Muss jeden Abend total Hacke gewesen sein, der Kunde.
Heute: Berlin, Herbstradio 99.1, 16-17 Uhr: Dan Richter und Mich im Gespräch über Philosophie
6 Kommentare zu “Widersprüche erkennen (1)”
01
Schade, Euren Disput hätte ich gerne verfolgt. Kam leider zu spät, die Ankündigung. Aber Märchen sind ja auch nicht logisch.
02
Ja, schade. Auch Frau Generator hatte zuviele frische Wackersteine im Bauch, um noch zum Radio zu robben.
03
Oh, mir ist gerade ein großer Widerspruch in meiner eigenen Argumentation aufgefallen. Wenn die Füße der beiden Stiefschwestern wirklich zu klein gewesen wären, hätten sie sich ja gar nichts abschneiden müssen. Waren sie ja aber nicht und ich hab das auch schon verbessert.
04
Der Prinz hat so einen Fußfetisch. Kann das sein?
05
@ generator: Vielleicht ist der auch ferngesteuert. Die Illuminaten? Die Postbank?
06
[…] meiner Reihe, in der ich die Widersprüche der Grimmschen Märchen aufliste, soll es heute nach ‘Aschenputtel’ um das sattsam bekannte Märchen ‘Rotkäppchen’ […]
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