Schwein gehabt

12. Mai 2017

Häufig wird ja von merkwürdigen Existenzen, um nicht zu sagen Rechtsradikalen, behauptet, wir, in der Bundesrepublik, lebten mittlerweile in einer Art DDR 2.0. Dem würde ich nicht beipflichten. Ich stelle nämlich gewaltige Unterschiede fest. Zum Beispiel riecht die U-Bahn ganz anders, es gibt Zeitschriften mit Nackige drin, mein Lieblingsverein hat keine Chance mehr Landesmeister zu werden, man darf Tüten mit Werbeaufdrucken in die Schule mitnehmen, es gibt Haschisch im Park, Demonstrationen, die geduldet werden, obwohl sie nicht vom Staat organisiert worden sind und so weiter und so fort. Heute allerdings geriet ich für einen kurzen Moment lang ins Zweifeln, sah ich doch am unteren Ende der Schönhauser Allee (Nähe Rosa-Luxemburg-Platz) eine riesige Schlange Jugendlicher anstehen, nach Turnschuhen. Ja, sie standen wirklich nach Turnschuhen an! Bei einem Laden, der, nun ja, Turnschuhe verkauft, oder jedenfalls Schuhe, die aussehen wie Turnschuhe. Da habe ich kurz gedacht, oh nein, jetzt ist es wieder so weit! Jetzt ist sie wieder da! Schnell noch Tomatenketchup hamstern, dachte ich, Bananen, Fliesen, Autoersatzteile, West-Schallplatten. Doch dann klärte mich jemand auf, der sich auskannte, der mit unserer Jugend auf du und du stand, sozusagen. Dieser Jemand nämlich meinte, viele Jugendliche würden gewisse Schuhmarken verehren und wenn von diesen Schuhmarken ein neues Modell herauskäme, stünden sie sich eben ihre Beine in den Bauch. Aha! Produkte also. Einkaufen als neue Jugendkultur. Das mag man bedauern, ist sicher etwas traurig für die Jugendlichen selber, ein wenig erleichtert war ich aber, ehrlich gesagt, auch.

Heute: Berlin, Potsdam und Internetz, Pi-Radio auf Radio 88vier, 21-22 Uhr: Ahnes Liedermachermagazin (das Liedermachermagazin mit Ahne) Ausgabe 76

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