Corona-Tagebuch 17

30. März 2020

Das erste Mal seit zwei Wochen tagsüber draußen gewesen. Für die Livestream-Reformbühne in den Wedding gefahren. Leichtes Unwohlsein, als ich den U-Bahnhof Rosenthaler Platz hinunter stiefele. Hatte mir einen Schal vor Mund und Nase gebunden. Schützt vielleicht 1%, aber immer noch besser als nichts, dachte ich. Die wenigen Fahrgäste, die sich außer mir in der Bahn befinden, gucken belustigt. An der Seestraße Zeuge eines Polizeieinsatzes geworden. Drei „südländisch“ aussehende Jugendliche rotteten sich wohl illegalerweise auf dem Bürgersteig zusammen. Im Echsen-Studio wasche ich mir gründlich die Hände, singe zwei mal hintereinander ‚Happy Birthday‘, wie es sich gehört. Wir benutzen für die Mikrophone jeder einen eigenen Ploppschutz und halten Sicherheitsabstand zueinander. Es ist ungewohnt live vorzulesen ohne Publikum. Kann den Texten der anderen nicht wirklich folgen. Bin die ganze Zeit abgelenkt, weil man auf dem Bildschirm sehen kann, wie die Facebook-Zuschauer Herzchen und Smileys verteilen. Und dann ist da noch die Zahl, wie viele zugucken. Die verändert sich ständig. Spannend. Trump ist stolz auf die Quoten seiner täglichen Presse-Briefings zur Corona-Pandemie. Die seien vergleichbar mit jenen von Football-Übertragungen oder der Show ‚The Bachelor‘. Im Letzten gab er bekannt, wenn es gelänge durch die getroffenen Eindämmungsmaßnahmen die Todeszahlen in den USA auf 100.000 zu begrenzen, „haben wir einen guten Job gemacht“. Vorschlag für ’s nächste Mal, lieber die Zahl 1.000.000.000 nehmen, dann ist man auf der sicheren Seite und kann sich hinterher als Held feiern lassen. Grönland verbietet Alkohol, wegen Corona. In Moskau darf man mit seinem Hund nur noch maximal 100 m Gassi gehen. Und ich hab mich rasiert.

Tipp für heute: Schnell noch eine Flasche Bier kaufen.

 

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