Corona-Tagebuch 171
9. Dezember 2020
Gesundheitsminister Jens Spahn empfiehlt uns das Gurgeln mit „Mundspülungen aus in Alkohol gelösten ätherischen Ölen oder sogar Kochsalz“. Es „soll die Viruslast im Mund-Rachen-Raum senken“. Bundeskanzlerin Angela Merkel rät Schülerinnen und Schülern in kalten Klassenzimmern: „Vielleicht macht man auch mal eine kleine Kniebeuge oder klatscht in die Hände“. Eine „kleine“ Kniebeuge, genau. Oder in die Hände klatschen, wird die Lehrer sicher freuen. Wer hört ihn nicht gerne, den Applaus? Viele deutsche Politiker plädieren jetzt für den harten Lockdown, Schulen schließen, Läden schließen, allerdings erst nach Weihnachten. Mir scheint, sie verwechseln die Pandemie mit einem Fußballspiel, Gegner kommen lassen und wenn er sich müde gelaufen hat, gehen wir in die Offensive. Vorher: Fröhliche Weihnachten und davor: Kauft, so viel ihr könnt, eure patriotische Pflicht. Ob das Virus mitspielt? Sachsen schließt bereits ab Montag alle „nicht lebensnotwendigen“ Läden und die Schulen. In der Schweiz sollen ab dann sämtliche Restaurants, Kneipen, Läden, Märkte und Freizeiteinrichtungen um 19 Uhr schließen. Öffentliche Veranstaltungen und kulturelle Aktivitäten werden verboten. Die Kultur mal wieder. Dort ist das Virus bekanntlich vor 19 Uhr schon unterwegs. Außerdem stellen die Schweiz und Italien ihren grenzüberschreitenden Zugverkehr ein. In Offenbach hat die Polizei zwei Rap-Video-Drehs mit rund 40 Beteiligten aufgelöst, die sich nicht an die Abstandsregeln gehalten hätten. Das Saarland erlässt am Heiligen Abend und zu Silvester ein Alkoholverbot auf belebten Plätzen und Straßen. Heiligabend? Gibt es da einen saarländischen Brauch, sich öffentlich volllaufen zu lassen? Zu Silvester würde ich hingegen gerne Mäuschen spielen, wie die Polizei das durchsetzt. Knallern erlaubt, Alkohol verboten. Eine Herausforderung. Die Versicherungsgesellschaft ‚Munich Re‘ möchte keine Großveranstaltungen mehr gegen den Ausfall durch Pandemien versichern. Es heißt, dies wäre nicht mehr bezahlbar. Der Konzern beziffert die corona-bedingten Schäden im Rückversicherungsgeschäft auf 3,4 Milliarden Euro. Freuen kann sich die Unterhaltungselektronik-Industrie. Bei Spielekonsolen gibt es gerade Lieferengpässe. Finanzminister Scholz: „Wir werden aus der Krise herauswachsen“. Auch der Papst ist optimistisch. Im März plant er eine Reise in den Irak. Über 300 Covid-19-Tote meldet Simbabwe, über 900 Dänemark und Kuwait, über 4.000 Österreich, über 9.000 Bolivien, über 20.000 Deutschland, über 40.000 Argentinien, über 285.000 die USA. 590 Menschen sind allein gestern in Deutschland durch Covid-19 gestorben, ein trauriger Tages-Rekord. Die 94-jährige englische Queen Elizabeth II. und ihr 99-jähriger Mann Prinz Philipp wollen sich frühzeitig gegen das Virus impfen lassen, um ein „mächtiges Gegengewicht zur Bewegung der Impfgegner“ zu bieten. Wie viel die beiden wohl auf die Waage bringen?
Tipp für heute: Das Reformbühnenbuch ‚Kann sofort verfilmt werden‘ beim Satyr-Verlag kaufen, eine patriotische Pflicht!
Kommentar schreiben